Gelegentlich sagen wir, wenn wir nicht so recht weiter wissen: „Hoffen wir das Beste!“ Was uns wohl das Jahr 2021 bringen wird? „Na, hoffen wir mal das Beste.“ – werden so einigen denken. Ich finde ja, manchmal sagen und hoffen wir das zu kleingläubig. Wir erhoffen uns dann nicht allzu viel oder sind nicht so ganz überzeugt davon. Hin und wieder mache ich aber auch die gegenteilige Erfahrung. Wenn ich zum Beispiel mitbekomme, dass andere Menschen Hoffnung auf bessere Zeiten, auf Besserung oder Genesung haben und mir dies mitteilen, dann wirkt das auch richtig wohltuend auf mich.
Bereits Ende November habe ich die Schüler*innen meiner Berufsschulklasse gefragt, worauf sie im Neuen Jahr 2021 hoffen. Einige Antworten haben wir dann an der Tafel gesammelt: „Alles wird gut“, „dass ein Impfstoff gegen die Corona-Pandemie kommt“, „dass Joe Biden Präsident wird“, „auf ein Leben ohne Maske“, „dass ich bald meine Oma besuchen kann“. Und ein Mädchen äußerte den Wunsch, „dass meine Freundinnen und ich unsere Fröhlichkeit nicht verlieren“. Alle diese Wünsche und Hoffnungen der jungen Menschen kann ich gut nachvollziehen. Mehr noch. Wenn ich mitbekomme, was sie erhoffen, dann teilen sie etwas mit mir — und ich teile etwas mit ihnen. Das gibt mir selbst Kraft und bestärkt mich auch in meiner Hoffnung. Gerade in diesen besonderen Zeiten.
Mitten hinein in unser bedrohtes Leben fallen mir die bekannten Worte des Apostel Paulus ein (Röm 12,12): „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal und beharrlich im Gebet.“ Als Paulus das schrieb, da wusste er, dass in Zeiten von Trübsal vielleicht nicht alles gut werden würde. Er wusste es auch nicht für sich selbst, weil er immer wieder in Gefahr und Bedrängnis war. Und dennoch schreibt er: „Seid fröhlich in Hoffnung!“ Das ist mehr als ein „Alles wird gut!“ Lasst nicht zu, dass sich eure Welt verengt auf das Bedrückende und die Aussichtslosigkeit. Sondern schaut euch um nach dem, was jetzt Mut macht und Hoffnung gibt. Was jetzt trotz allem gut ist und noch besser werden kann! Ich denke, da hat fast jeder etwas. Und vergesst nicht, dass es da eine Zukunft gibt, die mehr ist als das, was wir heute sehen und erleben.
Christlicher Glaube lebt von der Zuversicht. Paulus glaubte daran, dass unser Gott ein Gott des Lebens und nicht des Todes ist und dass Geduld in Zeiten der Bedrängnis und Beharrlichkeit im Gebet gute christliche Tugenden sind. Viele wissen aus eigener Erfahrung: Beten tut gut, hilft und gibt Kraft. Paulus formuliert seine Worte übrigens im Plural. Denn auch im Gebet teilen wir etwas. Wir bitten Gott um Schutz und Beistand, Hoffnung und Lebensmut – für uns selbst und für andere. Vielleicht beten und hoffen wir erst dann richtig, wenn wir für unsere Mitmenschen, ja für alle Mitgeschöpfe bitten und mithoffen. Seien wir in diesem Jahr 2021 mal nicht so bescheiden. Hoffen wir vielmehr das Beste!
Von
Joachim Simon
Pfarrer der Universitätskirchengemeinde Marburg
(Foto: G. Erne)