Karl Berhard Ritter (1890–1968)
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Claudia Bader (1900–1974)
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Zur Geschichte unserer Universitätskirche im 20. Jahrhundert gehören weltweit bekannte Marburger Theologen wie die Professoren Rudolf Bultmann, Rudolf Otto, Friedrich Heiler und Hans von Soden, die immer wieder in den Universitätsgottesdiensten gepredigt haben. Die Universitätskirchengemeinde kann sich auch an bedeutende Pfarrer (und eine Pfarrerin) erinnern:
- Karl Bernhard Ritter (1890–1968) wirkte als Gemeindepfarrer von 1925 bis zum Ruhestand 1960, seit 1952 auch als Dekan des Stadtkirchenkreises Marburg. Er trat nach dem Ersten Weltkrieg als ein führender Vertreter der liturgischen Bewegung innerhalb der evangelischen Kirche und (neben Wilhelm Stählin) als ‚Spiritus rector’ der zu Michaelis 1931 in der Kreuzkapelle der Universitätskirche gestifteten Evangelischen Michaelsbruderschaft hervor. Außerdem setzte sich Ritter lebenslang für eine ökumenische Verständigung mit der römisch-katholischen Kirche ein. Diese Interessen prägten auch sein Engagement in der Gemeinde und in der Landeskirche. Unter Ritters Leitung wurde zum Universitätsjubiläum 1927 der Innenraum der Universitätskirche völlig neu nach seinen ästhetisch-liturgischen Vorstellungen umgestaltet. Ritter war in Kurhessen-Waldeck von 1933 bis 1935 neben Professor Hans von Soden eine der führenden Gestalten der Bekennenden Kirche und wurde darum von den Nationalsozialisten bedroht. Nach dem Krieg engagierte sich Ritter für die Vereinigung der konfessionell getrennten evangelischen Kirchengemeinden Marburgs und warb für eine liturgisch-spirituelle Reform in der evangelischen Kirche.
- Claudia Bader (1900–1974) arbeitete als Seelsorgerin am Universitätsklinikum seit 1934 und in der Gemeinde der Universitätskirche seit 1941 — wo sie Karl Bernhard Ritter entlastete. Als ‚religiöse Sozialistin’ war Bader von dem Religionsphilosophen Paul Tillich (1886–1965) geprägt, mit dem seit dessen Marburger Zeit (1924/25) persönlich in Verbindung stand. Bader wurde als eine der ersten Frauen überhaupt in der Landeskirche ordiniert (1952) und bekleidete von 1962 bis zum Ruhestand 1966 das Gemeindepfarramt an der Pauluskirche in Marburg.
- Hans-Christoph von Hase (1907–2005), Pfarrer im Ostbezirk der Universitätskirche Marburg von 1947 bis 1952 und Mitglied der Evangelischen Michaelsbruderschaft, war wie sein Cousin Dietrich Bonhoeffer ein entschiedenes Mitglied der Bekennenden Kirche. Als Direktor der Theologischen Abteilung des Diakonischen Werkes der EKD (seit 1957) wurde er zu einem der wichtigsten Vordenker des Ausbaus des bundesrepublikanischen Sozialstaats.
- Walter Lotz (1909–1987), Pfarrer im Ostbezirk der Universitätskirche Marburg von 1953 bis 1974, wirkte ganz praktisch und mit zahlreichen kleineren Schriften als ein bedeutender Liturgiker und als Pionier der Ökumene zwischen römisch-katholischen und evangelischen Kirchengemeinden und ihrer Pfarrer in Hessen. Er war ebenfalls ein Mitglied der Bekennenden Kirche und gehörte seit 1935 ebenfalls der Evangelischen Michaelsbruderschaft an.
- Kurt Reuber (1906–1944), der bei Prof. Friedrich Heiler zum Doktor der Theologie promovierte und als Vikar bei Gemeindepfarrer Karl Bernhard Ritter an der Universitätskirche Mitglied der Evangelischen Michaelsbruderschaft wurde, absolvierte als amtierender Pfarrer von Wichmannshausen (bei Eschwege), nach dem Vorbild Albert Schweitzers, auch noch ein Medizinstudium. So kam Reuber im Zweiten Weltkrieg als Truppenarzt zum Einsatz. Rassenhass, Gewalt und Krieg verurteilte er. Er versuchte durch praktisch-konkrete Mitmenschlichkeit zu helfen und so dem Bösen zu widerstehen. Zum Trost für seine Kameraden im „Kessel von Stalingrad” schuf er in der Adventszeit 1942 die „Stalingrad-Madonna” — heute ein international berühmt gewordenes Zeichen der Versöhnung und des Protestes für den Frieden.
- Bernhard Heppe (1897–1945), Gemeindepfarrer in Cölbe und Wehrda, agierte als Mitarbeiter Karl Bernhard Ritters vom Gemeindehaus der Universitätskirche, dem Philippshaus, aus von 1933 bis 1943 als Geschäftsführer der Bekennenden Kirche der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Wie Reuber kam er in Kriegsgefangenschaft ums Leben.
Artikel über Reuber, Heppe, von Hase, Lotz und Bader hat Pfarrer Wolfgang Huber im Biographisch-bibliographischen Kirchenlexikon (www.bbkl.de) veröffentlicht. Die Artikel sammeln die bisherigen Erkenntnisse und versuchen für Hase, Lotz und Bader ein erstes vollständiges biographisches Bild abzugeben. Außerdem bieten sie weitgehend vollständige Verzeichnisse ihrer Schriften und stellen die Forschungsliteratur zusammen. (wh)