Fotos: Klaus Schäufle
Eine Konzertbesprechung
Sonntagabend in der Universitätskirche. Erwartungsvolle Stille breitet sich im gut gefüllten Kirchenschiff aus. Das Nordportal ist noch offen. Von draußen dringen erste zarte Klänge eines Chorgesangs herein. Dann zieht der fast sechzigköpfige Chor singend in die Kirche ein und positioniert sich im Altarraum: „Mfanyieni Mwenyezi Shangre“ (Jauchzet dem Herrn alle Welt!), ein Traditional des Gogo-Stamms aus Tansania. Damit hat der Abend sein Thema: Lobpreis zur Ehre Gottes! „Sing to the Lord a new song“ heißt denn auch der Titel des Konzerts, das der Gospelchor der Kurhessischen Kantorei „Joy of Life“ unter der Leitung von Jean Kleeb gibt. Der Titel, passend zum Votum des Sonntags Kantate, ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Denn es erklingen nicht bekannte Kirchenlieder sondern für unsere Ohren neue Gospels und Psalmvertonungen aus verschiedenen Kulturen der Welt.
Der Spannungsbogen reicht von hymnischen Lobpreisliedern über nachdenkliche Dank- und Vertrauenspsalme, meditative fernöstliche Klänge und lateinamerikanische Widerstandslieder bis hin zu US-amerikanischen Kompositionen, stets in Verbindung mit der Tradition der europäischen Chormusik. Mal gospelt es; mal swingt und jazzt eine Band, bestehend aus Sven Demandt am Schlagzeug, Frank Höfliger am Bass und Jan Luley am Piano; mal ertönt nur eine Klangschale wie in einem hinduistischen Tempel oder erklingt ein zauberhafter irischer Jig, gespielt von Mira Wöllenstein auf der Violine. Kein Zweifel, dieses Ensemble versteht die lauten und die leisen Töne und das Spektrum dazwischen, die Klänge dieser Welt! Es gibt Momente, die so dicht sind, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Seinen besonderen Charme gewinnt „Joy of Life“ durch die jungen Solisten: David Rehlich bei „Rin del Angelito“ (Die Weise vom kleinen Engel) und „Salmo 150“, Ilonka Sposato bei „Lord hold me“ und Marlene Mahl bei „Give me that old time religion“. Andrea Wöllenstein führt durch das Konzert und spricht besinnliche Texte zu den uns noch neuen, fremden Liedern. Gleichsam mit einem Segen werden die begeisterten Zuhörer entlassen. Der Chor zieht singend aus der Kirche und begleitet uns mit immer leiser werdenden Tönen auf die Straße. Man darf gespannt sein auf das neue Programm. Am Totensonntag, dem 20. November 2011, um 17.00 Uhr in der Lutherischen Pfarrkirche führt der Gospelchor gemeinsam mit dem Marburger Kammerorchester John Rutters „Requiem“ auf.
Jörg Rustmeier