Regelmäßig mindestens drei Gottesdienste pro Woche an „seinen“ beiden Orgeln in der Universitätskirche und St. Jost, dazu unzählige weitere, fast tägliche Einsätze in anderen Marburger Kirchen, bei Taufen, Trauungen und Trauerfeiern. Die Zahlen, auf die man da überschlagsweise kommt, beeindrucken. Aber noch beeindruckender ist, dass Gerold Vorraths Orgelspiel nie Routine, sondern immer wohl bedacht ist, individuell und sorgfältig gestaltet, ganz gleich, ob es sich um einen theologisch oder künstlerisch anspruchsvollen Universitätsgottesdienst oder „nur“ eine Andacht für die Laternenkinder zu St. Martin handelt, eine Trauerfeier im kleinen Kreis oder um einen festlichen Anlass vor großem Publikum. Orgelklänge, herabströmend im lichterfüllten hohen Chor der Universitätskirche — das ist schon ein Erlebnis und „große Kunst“ — genauso wie seine bildhaften, aphoristischen oder kommentierenden Improvisationen, immer feinsinnig, gelegentlich auch spitzbübisch-humorvoll.
Nach seinem Orgelstudium an der Musikhochschule in Lübeck — daher vielleicht seine Liebe für die norddeutschen und die französischen Meister — kam Gerold Vorrath 1975 nach Marburg, zunächst an die Matthäuskirche und dann 1979 an die Universitätskirche — mit ihren besonderen liturgischen Anforderungen. Sein Orgelspiel und die Gottesdienste in der Universitätskirche gehören einfach zusammen. Von seinem tiefen Verständnis für die Liturgie profitiert nicht zuletzt auch die Schola der Universitätskirche, die er als Chorleiter vor einigen Jahren neu gegründet hat. Darüber hinaus hat er viele Kirchengemeinden als Orgelsachverständiger ganz praktisch bei der Renovierung und Pflege ihrer Instrumente begleitet.
Ein herzlicher Dank an Gerold Vorrath für seinen Einsatz über all die Jahre. Wir hoffen, dass er uns noch lange erhalten bleibt und seiner Berufung folgen kann — getreu dem Motto, das über dem Spieltisch an seinem Instrument zu lesen ist: Allein Gott die Ehre.
wh
Foto: Porträt vor „seiner Orgel” (Archiv Universitätskirche Marburg)